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Ein Zufluchtsort im Krankenhausalltag: Die Silberinsel

Ein Zufluchtsort im Krankenhausalltag: Die Silberinsel

Ein Junge sitzt am Tisch und trommelt vor sich hin. Er lächelt und scheint glücklich über sein Können zu sein. Dabei ist die Situation hier an diesem Morgen etwas anders als die meisten es sich gerade vorstellen. Neben dem Vierjährigen steht ein Infusionsständer, auf seinem Kopf sind kaum Haare sichtbar und der Raum befindet sich in der Kinderklinik Sankt Augustin. Es ist kein typisches Patientenzimmer. „Die Silberinsel ist wie nach Hause kommen“, beschreibt seine Mutter ihr Gefühl gerade eben in diesem Raum zu sitzen. Hier ist es bunt; es gibt eine Kuschelecke, eine Kochzeile mit Esstisch, eine Couch und ganz viele Spielsachen. „Hier können Kinder einfach spielen, lachen, zornig sein“, sagt die junge Frau aus Königswinter. Ihr Sohn erhielt vor einem Jahr die Diagnose Knochenkrebs und zählt damit zu rund 50 neuerkrankten Kindern pro Jahr. Seine Therapie verbrachte er stationär in der Klinik und hofft nun bald alles überstanden zu haben.

Die Silberinsel und ihre 5 Schätze: basteln, kochen, reden, spielen und musizieren.

Die Kinder im onkologischen Stationsalltag finden mit der Silberinsel einen Spiel- und Rückzugsbereich, an dem sie für einige Zeit gedanklich Krankheit, Blutergebnisse, Angst und Unbehagen zurücklassen können. Möglich macht dies die Elterninitiative krebskranker Kinder (EKKK), die sich seit 1989 für betroffene Kinder und Eltern einsetzt und im Januar 2011 die Silberinsel eröffnete. Sie finanziert auch über Spendengelder die Arbeit von drei Erzieherinnen sowie einer Psychologin, einem Musiktherapeuten und einer Shiatsu-Masseurin.

Anneke Burger ist seit zweieinhalb Jahren als Psychologin dabei und unterscheidet nicht zwischen Patienten, Eltern oder Geschwisterkindern. Zudem betreut sie einen Eltern- und Angehörigentreff. „Es ist eine sehr eingreifende Phase und beeinflusst noch lange nach der Erkrankung“, sagt Burger. „Es bleibt Thema für das ganze Leben.“ Gemeinsam mit der Elterninitiative organisiert sie Workshops, Ausflüge und „alles, was Familien unterstützt“. Denn das Krankenhaus könne selbst über die medizinischen Maßnahmen hinaus dieses Angebot nicht leisten. Lediglich die Räume werden zur Verfügung gestellt. Die Stimmung fördere jedoch die Genesung. „Es tut den Familien gut“, sagt Anneke Burger. Auch wenn nicht alle unterstützt werden möchten, steht sie meist mit 60 bis 70 Familien pro Jahr in einem intensiven Kontakt. „Das Engagement ist sehr unterschiedlich und manche brauchen Zeit für sich.“

Das weiß auch Musiktherapeut Töm Klöwer. Neben Treffen mit einzelnen Patienten bietet er einige Workshops für alle Interessierten an. Dann werden meist Musikinstrumente wie beispielsweise Trommeln gebaut. „Das ist eine gute Auszeit vom ganzen Stress und über das Klangfeld lassen alle die Seele baumeln.“ Zur eigenen Stärkung könnten die Teilnehmer das Instrument mitnehmen und sich an „das schöne Erlebnis“ erinnern. Auch gerade die Eltern würden über die Klänge ihre Sorgen vergessen, weiß Klöwer. Anneke Burger fügt hinzu: „Es ist total wichtig verschiedene Angebote zu machen.“ Dazu seien sie immer auf der Suche nach dem, was Eltern und Kindern gut tue. Das Spektrum reiche von Musik über Bastel- und Spielangebote bis zu Kochworkshops. „Alle Angebote sind ohne finanzielle Unterstützung von außen nicht möglich“, sagt die Vorsitzende der Elterninitiative Manuela Melz. Durch die öffentliche Hand könne dies nicht abgedeckt werden, so dass die EKKK von den Spenden abhängig ist.

Ein schönes Gefühl in einer schwierigen Zeit

Die Patientenkinder auf der onkologischen und hämatologischen Station sind abwehr- und immungeschwächt. Die Silberinsel ist daher direkt auf ihrer Station zu finden. Das es aber nicht nur in der Silberinsel familiär zugeht, verdanken die Patienten auch Oberarzt Harald Reinhard und seinem Team. Er unterstützt die familienorientierten Behandlungen sehr und kennt beispielsweise alle Patienten der vergangenen zehn Jahre persönlich. Insbesondere in der Anfangsphase zum Beispiel bei Leukämie seien die Patienten sechs bis acht Wochen stationär, da sei die Elterninitiative sehr hilfreich. „Ohne zusätzliche Unterstützung hilft keine onkologische Therapie.“ Die medizinische Versorgung sei durch die Krankenkassen gewährleistet. Forschung, Projekte und Fürsorge fielen da jedoch heraus. Zur Kinderklinik nach Sankt Augustin kommen mittlerweile auch Patienten aus einem großen Einzugsgebiet vom Westerwald bis zur Eifel. Die Kinderkliniken in Bonn, Köln und Sankt Augustin haben ihre Schwerpunkte. „In Sankt Augustin behandeln wir vorwiegend Hirntumorerkrankungen bei Kindern.“ Ganz gleich, ob stationär oder nicht, die Silberinsel bildet den Mittelpunkt. „Es sind alle herzlich willkommen und das ist ein schönes Gefühl“, weiß die Mutter des Vierjährigen. Eltern und Kinder treffen hier Bekannte und Freunde. Die Kinder könnten in der Silberinsel auch einmal ohne Eltern bleiben, da immer jemand da sei. „Die Ansprechpartner sind für uns da und es ist hier eine sehr empathische und menschliche Ebene.“

Von Monika Zierden